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Angststörungen und Phobien: So gehst du damit um

Lara Jaschke

Wusstest du, dass rund 15 % der Deutschen im Lauf ihres Lebens an einer Angststörung leiden, die behandelt werden muss?[1] Umgerechnet sind das ungefähr 12 Mio. Menschen! Tatsächlich sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Woran das genau liegt, ist unklar. Auch ich habe eine Phobie, die sich bereits im Kindesalter mit nur 9 Jahren gebildet hat. Aber was sind überhaupt Angststörungen und Phobien?

„Ich kläre dich auf: Alles, was du über Angststörungen wissen musst.“

Was ist eine Angststörung?

Wenn Angstreaktionen in normalerweise ungefährlichen Situationen auftreten, kann man von einer Angststörung sprechen. Obwohl es meistens keinen Grund dafür gibt, erleben Betroffene diese Angst sowohl psychisch als auch physisch. Solche Angstreaktionen äußern sich zum Beispiel als Herzrasen, Schwitzen, Zittern oder Übelkeit. Dadurch kann die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinflusst werden.

Ich habe die sogenannte Emetophobie. Vielleicht hast du schon einmal davon gehört? Wenn nicht, dann kommt hier eine kurze Erklärung: Emetophobie bedeutet, dass man Angst davor hat, sich zu übergeben bzw. eine andere Person dabei zu sehen oder anderweitig zu bemerken, wie jemand anders sich gerade übergibt. In solchen Momenten fange ich dann zum Beispiel  unkontrolliert an zu zittern und habe das Gefühl, dass ich keine Luft mehr bekomme. Das sind allerdings nur 2 Symptome von vielen. Alles in allem fällt es mir schwer, auf Partys zu gehen oder allgemein große Veranstaltungen zu besuchen. Auch S-Bahn fahren ist mittlerweile schwieriger als früher. Überall könnte es passieren, dass sich überraschend jemand übergibt und ich dann in eine Angstreaktion verfalle. Wie ich damit umgehe und was mir hilft, verrate ich dir in diesem Beitrag.

Welche Arten von Angststörungen gibt es?

Natürlich gibt es neben Phobien auch noch andere Angststörungen. Dazu zählen noch Panikattacken, die Agoraphobie, die soziale Phobie und die generalisierte Angststörung.

Panikattacken sind gekennzeichnet durch immer wiederkehrende plötzliche Angstattacken. Körperliche Auswirkungen sind Herzklopfen, Schwindel, Brustschmerz oder Atemnot.

Phobien dagegen beziehen sich auf bestimmte Situationen oder Gegenstände. Häufige Beispiele sind Akrophobie (Höhenangst) oder Arachnophobie (Angst vor Spinnen). Es gibt durchaus auch Phobien, die für Außenstehende „lustig“ scheinen. Dazu aber gleich noch mehr.

Menschen mit Agoraphobie leiden zum Beispiel unter der Angst vor öffentlichen, weiten Plätzen oder der Furcht von großen Menschenansammlungen.

Bei der sozialen Phobie leiden Betroffene unter der ständigen Angst, negativ aufzufallen oder sich lächerlich zu machen.

Eine generalisierte Angststörung äußert sich durch langanhaltende Ängste und Sorgen. Sie entsteht meistens schleichend und kann zu dauerhafter Unruhe, Sorge oder Anspannung führen.

Wie äußert sich eine Angststörung?

Wie ich ja bereits gesagt habe, sind körperliche Anzeichen zum Beispiel Herzrasen, Schwitzen, Zittern oder Übelkeit, aber auch Atemnot, Schwindel oder Brustenge. Ich möchte mit dir teilen, wie es sich bei mir ausgewirkt.

Bei mir ist es so, dass ich bereits panikartige Reaktionen bekomme, wenn ich nur über „Umwege“ mitbekomme, dass sich jemand übergibt. Damit meine ich beispielsweise: Es reicht aus, es zu riechen oder ständig die Klospülung zu hören. Ich fange dann an zu zittern, ich bekomme kaum Luft, mein Herz rast und ich will einfach nur noch weg. Und dabei ist mir durchaus bewusst: Eigentlich ist es doch überhaupt nichts Schlimmes, wenn man sich übergibt. Doch mein Verstand hat in solchen Momenten keine Chance.

Letztes Jahr hat sich mein Freund nachts übergeben, was ich so erst nicht mitbekommen habe. Doch als ich dann aufgewacht bin, um noch im Halbschlaf auf die Toilette zu gehen, habe ich es bemerkt. Die Folgen waren schwer: Ich bin mitten in der Nacht in mein Auto gestiegen und eine knappe halbe Stunde zu meiner Mama gefahren. Dort bin ich auch ganze 3 Tage lang geblieben, weil ich Angst davor hatte, nach Hause zu kommen bzw. in unser Bad zu gehen. Selbst, als ich dann wieder daheim war, mussten die nächsten 3 Monate alle Fenster in der Wohnung offen bleiben, da ich sonst das Gefühl hatte zu ersticken. Sogar beim Duschen ließ ich das Badfenster offen.

Außerdem konnte ich lange Zeit nicht alleine schlafen gehen. Mein Freund musste sich immer neben mich legen, da ich sonst wieder zu zittern begonnen habe. Ganz zu schweigen davon, dass ich seitdem grundsätzlich nicht mehr ins Bett gehen kann, wenn ich weiß, mein Freund kommt nach Hause, während ich schlafe.

Was sind die Ursachen von Angststörungen?

Oft entstehen solche Angststörungen durch negative Erfahrungen, die sich verselbstständigt haben. Die Gründe können allerdings vielschichtig sein. Soziale Belastungen, ungünstige Erziehungsstile, aber auch biologische und erbliche Faktoren können Ursachen sein.

Wie genau meine Phobie entstanden ist, konnten wir leider nicht herausfinden. Naheliegend ist jedoch, dass unter anderem der erbliche Faktor eine Rolle gespielt hat. Denn meine Mutter hat ebenfalls diese Phobie, nur nicht ganz so extrem ausgeprägt.

Außergewöhnliche Phobien

Wie ich ja bereits erwähnt habe, gibt es einige Phobien, die auf andere Leute erst einmal lustig wirken. Kennst du zum Beispiel die Alliumphobie? Diese Phobie beschreibt die Angst vor Knoblauch.

Oder wie sieht es mit der Allodoxaphobie aus? Davon Betroffene haben Angst vor Meinungen.

Die Hypnotopophobie beschreibt die Angst vor dem Bettenmachen und die Gymnogasterophobie ist die Angst vor nackten Bäuchen.

Bei der Eibohphobie hat die betroffene Person Angst vor Palindromen. Die Ironie dabei ist, dass die Bezeichnung dieser Phobie selbst ein Palindrom ist.

Zur Arbeitsplatzphobie brauche ich gar nicht erst viel zu sagen, oder? 😉

Natürlich gibt es noch viel mehr Phobien, jedoch würde das den Rahmen für diesen Artikel hier sprengen 🙂

Auch wenn sich diese Phobien lustig anhören: Für die Betroffenen sind sie alles andere als witzig. Bitte nimm es ernst, wenn dir jemand erzählen sollte, dass er von so einer oder von einer anderen Phobie betroffen ist.

Wie erkenne ich eine Angststörung?

Wir alle haben Angst vor irgendetwas. Doch nur, weil man Angst hat, kann man nicht gleich von einer Angststörung sprechen. Folgende Punkte können ein Indiz dafür sein, dass du an einer Angststörung leidest:

  • Du wirst wegen der Ängste immer depressiver.
  • Durch die Ängste wirst du in deiner Lebensqualität und Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt.
  • Wegen deiner Ängste hast du Suizidgedanken.
  • Du denkst mehr als die Hälfte des Tages an deine Ängste.
  • Aufgrund der Ängste droht das Zerbrechen der Partnerschaft oder du kannst deine Arbeit nicht mehr wahrnehmen.
  • Du trinkst oft Alkohol, nimmst Drogen oder Ähnliches, um deine Ängste zu bekämpfen.

Diese Punkte könnten auf eine Angststörung hinweisen, ersetzen aber in keiner Hinsicht eine richtige ärztliche Diagnose. Solltest du den Verdacht haben, an einer Angststörung zu leiden, wende dich bitte an deine Hausarztpraxis oder such dir direkt psychotherapeutische Hilfe. Eine Überweisung vom Hausarzt benötigst du normalerweise nicht.

Wie verhalte ich mich bei Betroffenen?

Solltest du Betroffene in deinem Freundes- oder Familienkreis haben, gibt es ein paar Hinweise, die du beachten solltest.

  1. Hast du die Vermutung, dass jemand aus deinem Umfeld eine Angststörung hat, dann ermutige die Person, zu einem Arzt zu gehen.
  2. Vermittle die Botschaft, dass die Person nicht alleine durch diese schwere Zeit muss. Zeige ihr, dass du für sie da bist.
  3. Nimm die Ängste ernst! Mache dich niemals lustig darüber und spiele sie auch nicht herunter. Oft wissen die Betroffenen, dass es eigentlich keinen Grund dafür gibt, Angst zu haben. Jedoch kann keiner beeinflussen, wie der Körper oder die Psyche auf bestimmte Situationen reagiert.

Als ich letztes Jahr mit dem Thema „Emetophobie“ zu meinem damaligen Hausarzt gegangen bin, hat er mich überhaupt nicht ernst genommen. Er hat es runtergespielt und meinte, jeder würde sich davor ekeln. Er fragte mich, wie genau man denn diese Angst therapieren solle. Als ich wieder nach Hause gekommen bin, habe ich erst einmal aus Frustration und Wut geweint. Jetzt bin ich endlich zum Arzt gegangen und dann sowas!

„Deshalb mein Tipp: Geh lieber gleich zu einem Therapeuten!“

In Folge 9 des ERGO Podcasts „Wohnzimmergespräche“ geben zwei Kolleginnen unter anderem Tipps, was du gegen Selbstzweifel tun kannst. Außerdem erläutern sie, warum Komplimente ein Geschenk sind, das du annehmen solltest.

Jetzt reinhören!

Was tun, wenn ich eine Angststörung habe?

Das Wichtigste, was du wissen musst: Ängste zu haben ist nichts, wofür man sich schämen muss. Es braucht Zeit, sich selbst eingestehen zu können, dass man Hilfe braucht. Doch bitte suche dir diese Hilfe dann auch. Denn die Chancen, dass deine Ängste von alleine weggehen, stehen schlecht.

Glücklicherweise gibt es einige Behandlungen dafür. Angststörungen lassen sich gut mit Medikamenten behandeln, doch auch psychotherapeutische Maßnahmen sind möglich. Besonders die kognitive Verhaltenstherapie eignet sich gut zur Behandlung. Dabei steht das Erkennen von angstauslösenden Gedanken im Vordergrund. Therapeuten und Patienten erarbeiten zusammen ein grundlegendes Verständnis für die Erkrankung. Anschließend werden die Patienten mit angstauslösenden Reizen konfrontiert, um sich der Angst zu stellen.

Auch ich befinde mich seit September 2021 in Therapie. Und so langsam zeigen sich auch erste Veränderungen. Ich bin mittlerweile ein kleines bisschen entspannter. Und alleine schlafen gehen, wenn mein Freund nicht daheim ist, kann ich auch wieder (wenn auch mit Mühe).

Was kann ich selbst noch tun?

Neben professioneller Hilfe kommt es grundsätzlich ein wenig darauf an, welche Ängste oder Phobien man hat. Hast du soziale Ängste? Dann hilft es, Fremde ansprechen zu üben, Reden zu halten oder sich im Streit durchzusetzen. Wichtig ist es jedoch immer, sich selbst klarzumachen, dass Angstanzeichen wie Herzrasen oder Schwindelgefühl keine schädlichen Folgen nach sich ziehen. Das Allerwichtigste ist jedoch, dass du die angstauslösenden Situationen nicht vermeidest.

„Stell dich deinen Ängsten! Auch wenn ich weiß, dass das leichter gesagt als getan ist …“

Wenn ich mitbekomme, dass sich jemand übergibt oder übergeben hat, brauche ich immer erst einmal frische Luft. Rausgehen hilft ein wenig. Was sonst noch gut ist: Ablenkung. Die ersten Wochen, nachdem sich mein Freund übergeben hatte, haben wir jedes Wochenende irgendetwas unternommen. Wir waren zum Beispiel Bowlen und in einem Escape Room. Es ist Gold wert, mal für ein paar Stunden nicht an die Situation zu denken.

Doch wie ich auch bereits gesagt habe: Man sollte sich seinen Ängsten stellen. Auf die Toilette zu gehen, von der ich weiß, dass sich vor Kurzem jemand darin übergeben hat, ist sehr schwierig für mich. Das war vor einigen Wochen bei einem Familienmitglied der Fall. Als ich dann 3 Tage später dort zu Besuch war, bin ich aber extra auf diese Toilette gegangen, um mich mit der Situation zu konfrontieren. Und tada: so schlimm wars gar nicht 🙂

Gut abgesichert mit ERGO

Mit psychischen Erkrankungen ist nicht zu spaßen. Ob Depressionen, Burn-outs bzw. Bore-outs oder Panikattacken: Sie sind genauso ernstzunehmen wie physische Krankheiten. Solche psychischen Erkrankungen können deinen gesamten Alltag verändern.

Schneller als du denkst kann es dazu kommen, dass du nicht mehr arbeiten kannst. Laut ERGO Risiko-Report 2022 entstehen durch psychische Erkrankungen sogar deutlich längere Ausfallzeiten: durchschnittlich rund 30 Tage, verglichen mit 14 bei vorwiegend körperlichen Erkrankungen. Deshalb ist es wichtig, gut vorgesorgt zu haben. Mit der Berufsunfähigkeitsversicherung von ERGO bist du bestens abgesichert.

Jetzt informieren und vorsorgen!

Du bist nicht alleine

Abschließend lässt sich nur noch sagen: Du bist nicht alleine! Egal, wie seltsam oder lächerlich dir deine Ängste auch vorkommen mögen: Es gibt immer andere Menschen, die genau in der gleichen Situation sind wie du. Oft steckt aber auch viel mehr dahinter, als du denkst.

Ich bin nun seit fast einem Jahr in Therapie und habe gelernt: Meine Phobie ist nicht einfach so entstanden. Ich mache Fortschritte, und darauf bin ich wahnsinnig stolz. Denn es ist keine Schande, sich professionelle Hilfe zu holen. Ganz im Gegenteil: Es erfordert viel Mut!

Meist wird einem schnell bewusst: Alles hängt irgendwie zusammen. Doch das ist eine längere Geschichte, die hier ebenfalls den Rahmen sprengen würde 🙂

Hast du auch Erfahrungen mit Angststörungen bzw. Phobien gemacht? Dann schreib einen Kommentar!

[1]  https://www.praxis-pikula.de/zahlen-fakten-angststoerungen/


2Kommentare

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Kommentare

  • Charlotte Huth Antworten

    Absoluten Respekt für die offenen und ehrlichen Worte und die Darstellung deiner eigenen Phobie!!!
    Ein toller Beitrag und für sicher viele ermutigend und wertvoll durch die Tipps 😊

  • Sylvia Tichai Antworten

    Hallo Charlotte,
    wir hoffen auch, dass der Beitrag vielen Betroffenen und Angehörigen weiterhilft und Mut macht.
    Liebe Grüße von Sylvia aus dem Social Media Team

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